Fortsetzung:   Blechverbindung von F. C. Bellinger

Verbindung von Blechen: DRP 165 850
Verbindung von Blechen: DRP 165 850

 

 

Seine Lösung: " ... dass an dem einen Blechrand rechtwinklig oder gleichlaufend mit ihm Schlitze eingestanzt werden, während am anderen Blechrande rechteckig, trapezförmige, halb ovale oder ähnlich gestaltete Lappen aufgebogen werden, die in die Schlitze des ersteren Blechs eingesteckt, dann umgebogen werden... welche ferner sehr große Widerstandskraft gegen ein Auseinandertrennen zeigt." Bellinger überzeugte das Kaiserliche Patentamt mit seinen Unterlagen und Zeichnungen und erhielt unter der Nummer 165 850 das Patent zugesprochen. 

 

Die immer auf technisches Knowhow hungrige Blechspielzeug-Industrie erkannte schnell das Potential dieses Patents für die eigene Produktion. Wer sie als erster in seinem Betrieb einführte, das wird ein Geheimnis bleiben. Denn F. C. Bellinger hätte vermutlich Lizenzgebühren von den Betrieben verlangt. Derartige Zahlungen jedoch waren in der Spielzeug-Industrie verpönt, denn in dieser Branche galt von je her das Kopieren von Design oder Technologie als Kavaliersdelikt. 

Zwei Laschen werden durch eine winzige Scheibe mit Schlitz gesteckt und umgebogen. Eine Methode, die insbesondere ab etwa 1900 bei figürlichem Blech die Körperhälften zusammenhält.
Zwei Laschen werden durch eine winzige Scheibe mit Schlitz gesteckt und umgebogen. Eine Methode, die insbesondere ab etwa 1900 bei figürlichem Blech die Körperhälften zusammenhält.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es wurde nachgeahmt und geklaut, was immer Erfolg versprach. Erst 1903, also wie gesetzlich vorgeschriebenen, wurde die Schutzfrist für das Bellinger-Patent aufgehoben. Die kreativen Spielzeug-Fabrikanten hatten in der Zwischenzeit eigene Lösungen ausgetüftelt, die zwar auf dem Bellinger-Prinzip beruhten. Aber sie waren so geschickt vorgegangen, dass eine Verletzung des Patents rechtlich nicht zu nachzuweisen war.

 



Zu den wohl schönsten Beispielen für ein formvollendetes Blechspielzeug gehört dieser Wohnwagen-Anhänger der Firma Kellermann. Nirgendwo an diesem Objekt ist irgendeine Verbindung von Blechteilen erkennbar, alles fügt sich aneinander. Keine Laschen, keine Schlitze, nichts weist auf herkömmlichen Verbindungen hin. Die Nahtstellen sind fast unsichtbar. Das ist gelungene Perfektion, entstanden 1978 in der damals letzten noch arbeitenden Blechspielzeug-Fabrik. Mit diesem Höhepunkt meisterlicher Handwerkskunst in Sachen Blech verabschiedete sich Kellermann und mit dem Unternehmen auch die 200 Jahre alte Geschichte des Blechspielzeugs. Die seit 1990 auftauchenden Repliken oder "Neuschöpfungen" aus Blech haben mit der traditionellen Blechspielzeug-Industrie nichts mehr zu tun.

(Jürgen Cieslik)

Vollendete Handwerkskunst: Der Wohnwagen von Kellermann.
Vollendete Handwerkskunst: Der Wohnwagen von Kellermann.